Transformationale Führung: Erfolgsgeschichte der vonrickenbach.swiss ag

Publiziert von WEKA Schweiz

Die vonrickenbach.swiss ag blickt auf eine über 100-jährige Erfolgsgeschichte zurück. Thomas von Rickenbach leitet in vierter Generation den auf Massivholzverarbeitung spezialisierten Betrieb und gewann letzten Herbst den ersten Raiffeisen Unternehmerpreis Zentralschweiz. Wir durften das Traditionsunternehmen im Kanton Schwyz besuchen und Thomas von Rickenbach berichtet uns im Interview über die Schlüssel zu nachhaltigem unternehmerischem Erfolg.

Wer die vonrickenbach.swiss ag in Muotathal besichtigt, dem wird schnell klar «hier geht die Post ab». Ein Ort, wo Schweizer Präzisionsarbeit von Massivholz mit Kompetenz und Leidenschaft gelebt wird. Eine transformationale Führung, die Profit und Menschlichkeit in Einklang bringt. Ein Traditionsbetrieb, der Nachhaltigkeit und Fortschritt lebt. Hier wird nicht darüber geredet, was alles gemacht werden könnte, hier wird alles möglich gemacht!

K.C.: Die vonrickenbach.swiss ag blickt auf eine über 100-jährige Erfolgsgeschichte zurück. Aus schweren Krisen ist Ihr Unternehmen immer wieder gestärkt hervorgegangen. Was sind die Schlüssel zu diesem unternehmerischen Erfolg?

Th.v.R.: Der wesentlichste und zentralste Faktor ist das langfristige Denken. Wer dieses verinnerlicht hat, investiert fortlaufend in die Zukunft und schafft damit ein solides Fundament an Mitarbeitenden, Technologie und Infrastruktur. Das braucht Weitsicht und jahrzehntelangen Einsatz, welcher über Generationen hinweg gelebt wird.

Darüber hinaus braucht es Offenheit gegenüber Menschen, anderen Unternehmen und Technologien. Dies bedeutet bewusst ohne Vorurteile an etwas Neues heranzugehen und allen Menschen unvoreingenommen zu begegnen. Diese Einstellung hat uns schon so manche verschlossene Türe geöffnet.

Zudem ist es wichtig, sich von der Tradition nicht «bremsen zu lassen» und die richtigen Zeitpunkte zu erkennen, von Altem loszulassen und neue Technologien einzuführen. Das setzt eine hohe Bereitschaft für Veränderung voraus. Nur so konnte das Unternehmen einen Grossbrand und die Ölkrise, welche beinahe zum Konkurs geführt haben, überwinden und gestärkt daraus hervorgehen. Das Unternehmen hat sich über das letzte Jahrhundert von einer Schreinerei für Möbelherstellung und Innenausbau hin zu einem Spezialisten für Massivholzverarbeitung im Luxusgütermarkt entwickelt. Dies war nur möglich durch die Bereitschaft, die Produkte zu verändern und auf die neuen Kunden und Anforderungen einzugehen.

Ganz wichtig dabei war, die lang gelebte Bescheidenheit abzulegen und die eigenen Stärken und Kompetenzen nach aussen zu zeigen. Wir konnten branchenübergreifend Kunden gewinnen, indem wir aktiv unser Können am Markt präsentiert haben und uns nicht mehr auf die Mund-zu-Mund-Werbung verlassen haben. Das war ein tiefgreifender Prozess, welcher die Unternehmensphilosophie tangiert hat. Erfolgsentscheidender Startpunkt dieses Prozesses war die Entscheidung eine externe Studie durchführen zu lassen. In dieser erhielten wir unverblümtes Feedback seitens ehemaliger Kunden, Partnerfirmen und Branchenexperten. Basierend auf dieser Stärken- und Schwächenanalyse konnten wir die richtigen Aktivitäten planen, um das Potential unserer Stärken voll zu nutzen. Unser Rebranding von der ehemaligen Möbelfabrik Muotathal hin zur vonrickenbach.swiss ag sowie unser neuer Webauftritt sind Beispiele dafür.

K.C.: Getreu Ihrem Website-Motto «Nichts ist unmöglich» haben Sie fortlaufend in neuste Technologien investiert und fördern in Ihrem Betrieb innovatives Denken. Dafür streben Sie eine transformationale Führung an – was bedeutet dies konkret?

Th.v.R.: Unternehmensintern befinden wir uns in einem grossen kulturellen Wandel – weg von einer hierarchischen hin zu einer transformationalen Führung, die auf Werten und Zielen basiert.

Wir sind schon heute stark. Wenn wir uns im Bereich des Teamverhaltens noch mehr steigern, dann sind wir noch viel stärker. Dafür braucht es eine menschliche Führung und Menschlichkeit zwischen allen Mitarbeitenden.

Das Ziel der transformationalen Führung ist es somit, alle Mitarbeitenden der vonrickenbach.swiss ag ins gleiche Boot zu holen. Dies setzt voraus, dass sich jeder seines Beitrages zur Erreichung der unternehmerischen Ziele bewusst ist, die unternehmerischen Werte lebt und seine Verantwortung im Unternehmen wahrnimmt, Entscheidungen trifft und die Zukunft des Unternehmens mitgestaltet.

Wenn meine Mitarbeitenden sagen «Ich arbeite bei der vonrickenbach.swiss ag, wir sind die schweizweit besten Produzenten von Massivholzfabrikaten für Luxusgüterveredelungen, Schreinereien, Architekten und für Möbelfabriken. Das ist eine super Firma, die setzt sich für ihre Mitarbeitenden wirklich ein.», dann haben wir viel erreicht. Das ist mein Ziel einer transformationalen Führung, in welcher ich diese Werte als Vorbild und Visionär vorlebe.

K.C.: Sie haben den Betrieb erfolgreich vor drei Jahren von Ihrem Vater Paul von Rickenbach übernommen. Welche Tipps würden Sie einem Unternehmen geben, das vor einem Generationenwechsel steht?

Th.v.R.: Entscheidend ist, dass man rechtzeitig mit der Übergabeplanung startet. Innerhalb der Familie sollte der Prozess 10 Jahre vor der Übergabe beginnen. Ich habe über die letzten 8 Jahre schrittweise Firmenanteile übernommen. Heute besitze ich 80% und leite das Geschäft. Die Übergabe ist also immer noch im Gang, auch wenn ich heute der Entscheidungsträger und Geschäftsführer bin.

Ein weiterer sehr wichtiger Punkt ist die Kommunikation mit allen involvierten Parteien entlang des ganzen Übergabeprozesses. Dazu gehört in erster Linie, dass beide, Übergeber und Übernehmer klar sagen, was sie übergeben bzw. übernehmen wollen und wie sie vorgehen wollen. Es ist sehr wichtig, dass beide Parteien ihre Sicht einbringen können. Gerät dies aus dem Gleichgewicht, kann es zu Spannungen und Konflikten kommen. Auch gegenüber den Mitarbeitenden ist eine frühzeitige Kommunikation wichtig. Sie sollen wissen, dass der Sohn nun in den Betrieb kommt und die Absicht hat diesen zu übernehmen. Dem Kunden gegenüber ist es wichtig zu kommunizieren, wer die Verantwortung für das Unternehmen trägt und dass «der Karre läuft». Besitzverhältnisse sind für sie zweitrangig.

Toleranz ist ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor im Übergabeprozess. Die eigenen Ansprüche zu Gunsten der Ansprüche des anderen zurücksetzen oder wie bei uns gesagt wird «ds Füfi la grad si». Ich glaube viele Übergaben scheitern an der Haltung «es muss jetzt einfach so sein, wie ich will». Denn die 100%ige Lösung ist meistens nur für eine Partei gut, für die andere nicht. Ich hatte das Glück, dass mein Vater den Weg, welchen ich gegangen bin, akzeptiert hat. Er hat die innere Haltung angenommen «ok, jetzt ist eine neue Generation da, Thomas übernimmt das Geschäft, er muss Handlungsspielraum haben können». Das war erfolgsentscheidend.

Zudem ist eine stufenweise Übergabe wichtig. Das bringt zwei wesentliche Vorteile. Einerseits verringert man das Betriebsrisiko, wenn die Übergabe nicht wie geplant erfolgt. Andererseits gibt man den Mitarbeitenden Zeit für die Veränderungen im Rahmen des Führungswechsels. Ein Top-down Einstieg in die Firma, bei welcher der neue Geschäftsführer gleich sehr viel verändern will, kann auf grossen Widerstand seitens der Mitarbeitenden stossen. Ich bin in den Betrieb als Mitarbeiter eingestiegen, habe in verschiedenen Abteilungen gearbeitet und habe so sehr vieles über den Betrieb, die Mitarbeitenden und die Unternehmenskultur gelernt. Das war sehr wichtig und hat mich auf viele Bedürfnisse sensibilisiert. Dies braucht sehr viel Feingefühl und Zeit. Wenn man als Nachfolger Sachen verändern will, sollte man diese sachte angehen und sich gegenüber allen Mitarbeitenden menschlich verhalten und nicht die Chefrolle spielen wollen.

K.C.: Wir befinden uns inmitten der Industrie 4.0 und das Thema Digitalisierung ist in aller Munde. In irgendeiner Art und Weise ist jede Branche davon betroffen. Was bedeutet dieser Megatrend für Ihr Geschäftsmodell?

Th.v.R.: Digitalisierung spielt eine ganz zentrale Rolle in unserer Branche und in unserem Unternehmen. Jedes Unternehmen ist in einer anderen Art und Weise davon betroffen. Deshalb ist es wichtig, die Augen offen zu halten und die Entwicklungen ganz genau zu verfolgen. Und in jedem Moment abzuwägen, was Sinn für mein Unternehmen macht und was nicht.

Für mich ist das Roboterthema immer ein gutes Beispiel. Im Jahr 2000 haben wir den weltweit ersten Schleifroboter für Massivholzteile in Betrieb genommen. Das hatte dazumal Sinn in der Massenproduktion gemacht. Doch aufgrund der Auftragsentwicklung hin zu Produkten mit kleineren Serienstückzahlen, haben wir ihn verkauft. Heute ist wieder ein Zeitpunkt da, in welcher der Einsatz eines Roboters durchaus Vorteile mit sich bringen würde. Und jetzt prüfen wir den Einsatz und werden basierend darauf über einen Kauf entscheiden.

Die wohl grösste Herausforderung im Zuge der Digitalisierung und Automatisierung, ist der Mensch. Er wird für uns immer mehr zum Schlüsselfaktor. Einerseits wird es viel mehr Spezialisten in dem Bereich der Programmierung brauchen. Das ist bereits heute ein grosses Thema in meinem Betrieb, wenn ich an die Programmierer der 5-Achs CNC-Maschinen denke, welche ich heute intern ausbilde, da sie auf dem Stellenmarkt der Schweiz nicht zu finden sind. Andererseits braucht es das Gefühl und die Sensorik von Menschen für die Fertigung von Qualitätsprodukten. Designerarbeiten und gestalterische Arbeiten brauchen die menschlichen Sinne und die menschliche Wahrnehmung. Diese Fähigkeiten werden heute noch nicht durch Maschinen ersetzt und es wird wohl noch einige Jahre dauern, bis Roboter diese Intelligenz besitzen. Deshalb brauchen wir top ausgebildete Schreiner. Diese sind leider nicht so einfach zu finden. Es muss sich in der Ausbildung und im Verkauf der Attraktivität des Handwerkberufs einiges tun.

Kurz gesagt, je professioneller, je qualitativ hochwertiger und je effizienter gearbeitet werden will, desto mehr braucht es den Menschen. Und dies ist gleichzeitig auch die grösste Herausforderung in der Zukunft. Denn die Anforderungen sind schneller gewachsen als die Kompetenzen der Menschen. Hoch qualifizierte Mitarbeitende zu finden, die voll hinter dem Unternehmen stehen und intrinsisch motiviert immer neue Herausforderungen suchen ohne sich aufzureiben und auszubrennen. Das ist die wahre Herausforderung im Rahmen der Digitalisierung.

Info zur vonrickenbach.swiss ag:

Die Schreinerei von Rickenbach wurde 1910 von Alois von Rickenbach am heutigen Standort in Muotathal SZ gegründet. 1959 zerstörte ein Grossbrand einen Teil der Möbelfabrik. Nach diesem Schicksalsschlag wird aus der Schreinerei von Rickenbach die Möbelfabrik Muotathal. Unter der Führung von Paul von Rickenbach in dritter Generation spezialisiert sich das Unternehmen verstärkt als Zulieferer für Möbelkomponenten aus Massivholz. Im Jahr 2015 hat Thomas von Rickenbach die Geschäftsleitung in vierter Generation übernommen. Seit dem Rebranding im Jahr 2019 heisst das Unternehmen neu vonrickenback.swiss ag. Das Unternehmen beschäftigt aktuell 29 Mitarbeitende. Es ist Partner für Architekten, Designer, Schreiner, Marketing und Industrie. Zu den Kunden des auf Massivholz spezialisierten Unternehmens zählen heute Qualitätsführer verschiedener Branchen. Victorinox-Messer, Caran d’Ache, Hüsler-Nest-Betten, Relish-Gitarren und viele weitere. Zudem investiert das Unternehmen seit 1994 laufend in die Erweiterung des eigenen Fernwärmenetzes und liefert damit heute in mehr als 220 Wohneinheiten und 22 Gewerbebetriebe warmes Wasser, welches aus der Restholzverwertung gewonnen wird. Im Jahr 2018 wurde das unternehmenseigene Blockheizkraftwerk in Betrieb genommen, welches aus der Restholzverwertung Strom erzeugt.